Was ist endokrine Orbitopathie?
Endokrine Orbitopathie (EO) ist eine ernste, lebenslange und potenziell die Sehkraft bedrohende Autoimmunerkrankung. Sie kann das emotionale Wohlbefinden, den Alltag und die Lebensqualität erheblich beeinträchtigen.1,2
EO ist eine Autoimmunerkrankung.3 Dabei greift das Immunsystem irrtümlich gesundes Gewebe an – bei EO das Muskel- und Fettgewebe hinter den Augen.3–5 Die Erkrankung ist fortschreitend und kann sich im Laufe der Zeit verschlimmern.2,4
Wenn Sie an EO erkrankt sind, können Ihre Augen rot, geschwollen und vorgewölbt sein. Neben der Veränderung des Aussehens können sich die Augen auch trüb, trocken oder wässrig anfühlen. Sie können unter Doppeltsehen und Augenschmerzen leiden.1,6,7
Die EO stellt eine seltene Diagnose dar, mit einer Inzidenz von etwa 16 pro 100.000 Frauen und 3 pro 100.000 Männern.8
Ein höheres Risiko, eine EO zu entwickeln, können Sie haben, wenn...
Sie eine
Autoimmunerkrankung der Schilddrüse haben.9,10
Sie rauchen.11
Sie weiblich sind.8
Sie über 40 Jahre
alt sind.12
Sie über 40 sind.12
Häufig verwendete Begriffe für endokrine Orbitopathie
Endokrine Orbitopathie (EO) ist eine eigenständige Erkrankung, wird aber oft als Teil von Morbus Basedow betrachtet, da sie meistens (zu > 90 %) als Folge oder zusammen mit einer Morbus Basedow-Erkrankung auftritt.13
EO erfordert häufig eine differenzierte und spezialisierte Behandlung, die in der Regel von Expert:innen z. B. in Orbitazentren initiiert wird.14
Wenn Sie einen dieser Begriffe hören, wissen Sie, dass es sich um die EO handelt:
- Endokriner Exophthalmus
- Endokrine Ophthalmopathie
- Thyreotoxische Orbitopathie
- Morbus Basedow-Orbitopathie
Endokrine Orbitopathie diagnostizieren
EO ist eine fortschreitende Erkrankung. Um bleibende Schäden zu vermeiden, ist eine frühzeitige Diagnose besonders wichtig.11 Oft sind Hausärzt:innen die erste Anlaufstelle für Patient:innen, die erste Symptome bemerken.3 EO wird anschließend im idealen Fall interdisziplinär von EO-Spezialist:innen - in der Regel Endokrinolog:innen oder Augenärzt:innen – behandelt. Einige von ihnen verfügen über eine spezielle Zusatzausbildung, etwa als Augenchirurg:innen oder Neuroophthalmolog:innen.15 Patient:innen, die als Folge einer Morbus Basedow-Erkrankung Symptome einer EO entwickeln, werden in der Regel bereits von Endokrinolog:innen behandelt und auf das Entstehen einer EO als Folge überwacht. Besteht der Verdacht auf eine EO, werden Patient:innen im Idealfall frühzeitig in spezialisierte Zentren überwiesen. Diese spezialiserten Zentren für EO bieten sogenannte Orbitasprechstunden an. Hier arbeiten Fachleute aus unterschiedlichen Disziplinen eng zusammen, um Patient:innen individuell und umfassend zu betreuen – von der Diagnose bis zur Therapieplanung.16
Drei Fakten über endokrine Orbitopathie
EO tritt bei Frauen fünfmal häufiger auf als bei Männern.8
Viele Menschen mit EO erhalten zunächst fälschlicherweise Diagnosen wie Allergie, Bindehautentzündung oder trockene Augen.17,18
EO kann in Schüben auftreten, was bedeutet, dass Anzeichen oder Symptome wiederkehren oder sich verschlimmern können.19
Wie sich EO entwickelt
Die Schilddrüsenerkrankung kann sich im Laufe der Zeit verschlimmern, wenn sie unbehandelt bleibt. Deshalb ist es wichtig, u. a. auf folgende Anzeichen und Symptome zu achten:1,3,18
Trockene, gereizte Augen
Wässrige Augen mit Tränenfluss
Schmerzen und Druck auf den Augen
Verschwommenes Sehen
Hervortretende Augen (Exophthalmus)
Geschwollene, dicke Augenlider
Verlust des Farbsehens
Lichtempfindlichkeit
Doppeltsehen
Probleme, die Augenlider zu schließen
Augen blicken in verschiedene Richtungen
Sehverlust
Wenn bei Ihnen neue oder sich verschlimmernde Symptome auftreten, sich Ihr Sehvermögen verändert oder Sie sich Sorgen machen, sollten Sie sofort Ihre Ärztin bzw. Ihren Arzt um Rat fragen.
Verschiedene Phasen der Erkrankung
EO lässt sich in zwei Hauptstadien unterteilen, die als eine aktive und eine chronische Phase bezeichnet werden.19–21 Die aktive entzündliche Phase der endokrinen Orbitopathie kann 1,5 bis 2 Jahre (18 bis 24 Monate) dauern.14 Es ist wichtig, dass Sie und Ihr Behandlungsteam wissen, in welchem Stadium Sie sich befinden, damit Sie die für Sie geeignete Behandlung erhalten können.
Aktive Phase21
- Während dieser Phase können die Anzeichen und Symptome von EO plötzlich auftreten und sich mit der Zeit verschlimmern.21
- Möglicherweise bemerken Sie Veränderungen an Ihrem Aussehen und Ihrer Sehkraft, z. B. Rötungen, Schwellungen, trockene, gereizte Augen, vorgewölbte Augen, Doppeltsehen, falsch ausgerichtete Augen oder Augen, die nicht zusammenarbeiten, Lichtempfindlichkeit, Augenschmerzen und Druck.21
- Wie bei vielen anderen Erkrankungen sollten Sie Ihren Arztbesuch nicht aufschieben. Je früher Sie mit Ihrer Ärztin oder Ihrem Arzt sprechen, desto eher können Sie eine angemessene Behandlung erhalten.
Chronische Phase21
- Sie befinden sich in der chronischen Phase, wenn sich die Entzündung und die Schwellung verlangsamt haben oder zum Stillstand gekommen sind, die Rötung zurückgegangen oder verschwunden ist und die Vorwölbung des Auges nicht schlimmer geworden ist.21
- Das Narbengewebe aus der akuten Phase kann zu Schmerzen, Augendruck, Doppeltsehen und Augenfehlstellungen führen.1,6,21
- Je länger EO unbehandelt bleibt, desto wahrscheinlicher ist es, dass Ihre Augen ernsthaft geschädigt werden.18
- Da es sich bei EO um eine Autoimmunerkrankung handelt, kann es im Laufe der Zeit zu sogenannten Schüben kommen, d. h. die Symptome kehren plötzlich zurück oder verschlimmern sich, obwohl sich seit geraumer Zeit nichts geändert hat.2,5,19
- Mögliche Ursachen für ein Aufflackern der Erkrankung sind u. a. Stress, Augenoperationen, Schwangerschaft, Medikamente oder Veränderungen der Schilddrüsenwerte.19 Wenn Sie den Eindruck haben, dass sich Ihre EO-Symptome verschlimmern, suchen Sie möglichst bald eine Ärztin oder einen Arzt auf.
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